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FEHLINFORMATIONEN im CIPROFLOXACIN BEIPACKZETTEL

spacerat
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FEHLINFORMATIONEN im CIPROFLOXACIN BEIPACKZETTEL

#1668

Beitragvon spacerat » 19.09.2017, 21:15

Omissionen in der Fachinformation zum Wirkstoff Ciprofloxacin.
(Handelsname 'Ciprobay', Bayer Vital GmbH. Stand: Dezember 2015. URL: https://www.fachinfo.de/pdf/011731)

Mit einem DOI gekennzeichnete Quellen lagen als vollständige Studien vor.


Nachfolgende Anmerkungen beziehen sich auf den Abschnitt 4. KLINISCHE ANGABEN – 4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung (S. 3 – 4).

Kinder und Jugendliche

Der Hersteller erwähnt, dass Ciprofloxacin an den gewichttragenden Gelenken von Jungtieren Arthropathien verursacht, weshalb die Gabe von Ciprofloxacin an Kinder und Jugendliche "nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung anzuwenden“ sei und nicht ausgeschlossen werden könne, "dass das Arzneimittel Schaden am Gelenkknorpel des kindlichen oder jugendlichen Organismus/Fötus verursacht.“ (siehe 4.6 Schwangerschaft und Stillzeit: Schwangerschaft, S. 7).

Der Hersteller erwähnt nicht, dass Ciprofloxacin auch adulten Knorpel schädigt. Ultrastrukturelle Veränderungen traten nach 7-tägiger Inkubation von adultem Knorpel mit Ciprofloxacin in einer Wirkstoffkonzentration von 1 mg/l auf. Hierüber wurde bereits im Jahr 1997 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articl ... 412562.pdf

Offenbar kann die Wirkstoffkonzentration im Knorpel von Erwachsenen nach Gabe einer Einzeldosis Ciprofloxacin > 4.0 mg/kg betragen:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2365470

In nachfolgenden experimentellen Untersuchungen wurden toxische Wirkungen von Ciprofloxacin auf normales Knorpelgewebe bestätigt:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10663387/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11685846

Über Ciprofloxacin-induzierte Arthropathien bei Erwachsenen wurde bereits im Jahr 1993 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8453165

Im Übrigen räumt der Hersteller selbst ein, dass sich die in der Tabelle genannte Häufigkeit von Arthropathien ("Arthralgie, Arthritis“) auf Daten bezieht, "die in Studien an Erwachsenen erhoben wurden.“ (siehe 4.8 Nebenwirkungen: Kinder und Jugendliche, S. 7). Die Arthritis ist durch entzündlichen Knorpelschwund charakterisiert; ein massiver nicht-entzündlicher Knorpelverlust führt zur Arthrose:
https://link.springer.com/chapter/10.10 ... 72450-3_21
http://www.zeitschrift-sportmedizin.de/ ... rtinek.pdf

Folglich können alle Patientengruppen nach Ciprofloxacinanwendung von gelenkschädigenden Wirkungen betroffen sein, einschließlich Arthritis und Arthrose.


Skelettmuskulatur

Der Hersteller erwähnt, dass die Behandlung mit Ciprofloxacin bei Anzeichen einer Ciprofloxacin-induzierten Tendinitis "sofort beendet“ werden soll.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass betroffene Sehnen trotz eines sofortigen Abbruchs der Ciprofloxacinbehandlung symptomatisch werden können oder viele Monate nach Therapieende reißen. Dieser Hinweis stammt aus einer Übersichtsstudie, die bereits im Jahr 2014 veröffentlicht wurde:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4080593/

Nachfolgend erwähnt der Hersteller, dass bei einer Ciprofloxacin-induzierten Tendinitis darauf geachtet werden sollte, "dass die betroffene Extremität ruhig gestellt wird“.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass es trotz Ruhigstellung der betroffenen Extremität zu dauerhaften Tendinitiden, Epicondylitis, Karpaltunnelsyndrom sowie operativen Eingriffen kommen kann. Hierüber wurde bereits seit 1996 wiederholt berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7860672
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20215992 → DOI: 10.1097/CND.0b013e3181d23a9c
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4080593/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28444196

Darüberhinaus erwähnt der Hersteller nur, dass "vorwiegend Achillessehnen" (S. 7) von Ciprofloxacin-induzierten Sehnenschädigungen betroffen sind, obwohl zahlreiche seit der Jahrtausendwende veröffentlichte Fallberichte nahelegen, dass alle Sehnen, insbesondere Sehnen am Knie- und Schultergelenk, betroffen sein können:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10970974
http://militarymedicine.amsus.org/doi/p ... D-09-00142
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4929805/
http://www.actaorthopaedica.be/acta/dow ... poulos.pdf
http://journals.lww.com/cjsportsmed/Cit ... is.14.aspx
https://www.researchgate.net/publicatio ... in_therapy
https://www.researchgate.net/publicatio ... on_rupture
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9289004
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4238198/
https://www.karger.com/Article/Pdf/149720
http://europepmc.org/abstract/med/10832946

Schließlich erwähnt der Hersteller, dass Ciprofloxacin bei Patienten mit Myasthenia gravis wegen eines Exazerbationsrisikos "mit Vorsicht“ angewendet werden soll.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass es gegebenenfalls zu schwersten Verläufen "mit zum Teil beatmungspflichtiger Ateminsuffizienz oder Tod“ kommen kann. Hierüber wurde bereits im Jahr 2012 berichtet:
https://www.arznei-telegramm.de/html/20 ... 04_01.html

Zudem erwähnt der Hersteller nicht, dass es bei Patienten ohne bekannte Myasthenien zu notfallpflichtigen Myalgien nach Einnahme einer Einzeldosis kommen kann. Hierüber wurde bereits im Jahr 2009 berichtet:
https://www.researchgate.net/publicatio ... literature


Sehstörungen

Der Hersteller erwähnt, dass bei auftretenden Sehstörungen oder anderen Beeinträchtigungen der Augen "unverzüglich ein Augenarzt konsultiert“ werden sollte.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass es dennoch zu dauerhaften okulären Schädigungen kommen kann. Hierüber wurde bereits in den Jahren 1993 und 2007 berichtet:
https://www.arznei-telegramm.de/html/19 ... 34_03.html
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17300586 → DOI: 10.1111/j.1442-9071.2007.01427.x

Zudem erwähnt der Hersteller nicht, dass Ciprofloxacin in vitro stark phototoxische Wirkungen auf Linsenepithelzellen ausübt, die während des Behandlungszeitraums bei gleichzeitiger UV-Exposition Schutzmaßnahmen erfordern. Hierüber wurde bereits im Jahr 2010 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2910230


Zentrales Nervensystem

Der Hersteller erwähnt, dass Ciprofloxacin Krampfanfälle auslösen kann; daher sollte Ciprofloxacin "bei Patienten mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems, die für Krampfanfälle prädisponieren, mit Vorsicht angewendet werden.“

Der Hersteller erwähnt nicht, dass Ciprofloxacin auch bei normalgesunden Patienten Krampfanfälle verursachen kann. Hierüber wurde bereits im Jahr 2008 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18677343

Studienautoren hatten bereits im Jahr 2011 darauf hingewiesen, dass häufig beobachtete Fluorchinolon-assoziierte neurologische Wirkungen wie z. B. tonisch-klonische Krampfanfälle "nicht nur anfällige, sondern auch 'gesunde' Patienten“ betreffen können:
https://www.researchgate.net/publicatio ... _Reactions

Zudem erwähnt der Hersteller nicht, dass Krampfanfälle bereits nach Einnahme einer Einzeldosis auftreten können. Hierüber wurde bereits im Jahr 2008 berichtet:
https://www.highbeam.com/doc/1P3-1590140841.html

Ergänzend sei darauf verwiesen, dass Ciprofloxacin im Niedrigdosisbereich (6 mg/kg = 420 mg bei einer 70 Kg schweren Person) eine "signifikante Zunahme“ von Krampfanfällen im Rattenmodel der menschlichen Absence-Epilepsie verursachte. Hierüber wurde bereits im Jahr 2013 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4202555/

Darüberhinaus erwähnt der Hersteller nicht, dass Ciprofloxacin-induzierte Krampfanfälle unabhängig vom Interaktionspotential gleichzeitig eingenommener Wirkstoffe wie z. B. Theophyllin tödlich verlaufen können. Hierüber wurde bereits im Jahr 1992 berichtet:
http://journal.publications.chestnet.or ... id=1064665


Nachfolgend erwähnt der Hersteller, dass Ciprofloxacin in "seltenen“ Fällen von Depression oder Psychose mit Suizidgedanken, die zu Suizidversuchen oder vollendetem Suizid führen können, "sofort abzusetzen“ sei.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass sich auch nach abgeschlossener Ciprofloxacintherapie Suizidversuche und Fälle von vollendetem Suizid ereignet haben. Praktizierende Ärzte und Autoren der AkdÄ gingen dabei von einer "hohen Dunkelziffer“ aus, wie Beiträgen aus den Jahren 1995 und 2004 zu entnehmen ist:
http://www.arznei-telegramm.de/html/199 ... 87_04.html
http://www.akdae.de/Arzneimittelsicherh ... 40528.html

Seit 2005 gab es in Deutschland einen rapiden Anstieg der Ciprofloxacinverordnungen mit gleichbleibend hohen Verordnungszahlen bis einschließlich 2015. Dies legt nahe, dass die in der Fachinformation genannte Häufigkeitsangabe für Ciprofloxacin-induzierte Depressionen, einschließlich Suizidgedanken, Suizidversuche oder vollendete Suizide ("selten“ bis "sehr selten“), einer unabhängigen Überprüfung bedarf.

Zudem erwähnt der Hersteller nicht, dass unter Ciprofloxacin auch aggressives Verhalten und homizidale Handlungen beobachtet wurden:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articl ... 7-0063.pdf
http://www.psychosomaticsjournal.com/ar ... 33-3182(07)71051-4/abstract
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3513220/

Im letzteren Fall handelte es sich um einen Patienten, der gleichzeitig psychoaktive Substanzen erhielt. Bedenklicherweise wird in einer auf Pharmakovigilanzdaten der WHO basierenden Studie darauf hingewiesen, dass Ciprofloxacin die Hirnserotoninspiegel im Rattenversuch signifikant erniedrigte, was die Autoren nicht nur mit nachfolgend beobachteten depressiven Verhaltensweisen, sondern auch mit impulsiv-aggressivem Verhalten und einem erhöhten Suizidrisiko assoziieren. Zudem fanden die Autoren heraus, dass es unter Komedikation mit Antidepressiva und Antipsychotika häufiger zu Fluorchinolon-assoziierten Suiziden kam:
https://www.researchgate.net/publicatio ... mechanisms

Störungen des Serotoninstoffwechsels wirken sich nachteilig auf 5-HIAA-Spiegel aus. Die Evidenz zur Assoziation zwischen erniedrigten 5-HIAA-Spiegeln im Liquor und impulsiver Aggression sowie hartem Suizid erweist sich als ausgesprochen robust:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/971028
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/6172023
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/6166274
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2692642
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1383659
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7515519
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7542785
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9018386
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23453639
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11720697
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articl ... 2-0021.pdf
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9715355
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1 ... x/abstract
Suizidhandlungen: Neue Aspekte der Suizidologie
Homicide: A Psychiatric Perspective

Die oben genannten Daten legen nahe, dass die Einnahme von Fluorchinolonen insbesondere durch vorbelastete oder mit serotonergen Substanzen behandelte Patienten homizidal-suizidale Verhaltensweisen begünstigen kann und dem Risiko eines erweiterten Suizids und einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit Vorschub leistet, sofern Fluorchinolone oder deren Metaboliten eine Konversion von Serotonin zu 5-HIAA im ZNS signifikant erschweren. Der hypothetische Antimetabolit 5-Fluortryptophan ist womöglich ein wesentlicher Einflussfaktor, allerdings gibt es hierzu von Herstellerseite keine klärenden Informationen.


Herzerkrankungen

Der Hersteller erwähnt, dass Ciprofloxacin nur bei Patienten "mit bekannten Risikofaktoren für eine Verlängerung des QT-Intervalls“ sowie älteren Patienten und Frauen, die "möglicherweise empfindlicher auf QTc-verlängernde Medikation“ reagieren, mit Vorsicht angewendet werden soll.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass Ciprofloxacin im Versuch mit gesunden Ratten in allen untersuchten therapeutisch relevanten Dosierungen kardiotoxische Wirkungen und histopathologische Veränderungen verursachte. Hierüber wurde bereits im Jahr 2001 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11505790 → DOI: 10.1055/s-0031-1300083

In nachfolgenden Versuchen aus den Jahren 2007 und 2013 zeigten Ciprofloxacin und strukturanaloge Fluorchinolone eine direkte Wirkung auf die kontraktile Funktion des Herzmuskels:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17388913
http://www.bvmj.bu.edu.eg/issues/25-1/13.pdf

Der Sektionsbefund eines 30-jährigen, zuvor gesunden Patienten zeigt multiple myokardiale Blutungen. Diese führten nach 3-tägiger Ciprofloxacintherapie zum Herztod des Patienten (siehe hierzu auch symptomspezifische Omissionen, Punkt 1). Über den Fall wurde im Jahr 2008 berichtet:

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image (4).png (800.06 KiB) 10546 mal betrachtet
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http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1 ... 0801993040 → DOI: 10.1080/09537100801993040

Zudem erwähnt der Hersteller nicht, dass Ciprofloxacin auch bei Patienten <60 Jahren mit Arrhythmien asoziiert ist. Bei einem 16-jährigen Patienten kam es bereits 48 Stunden nach Gabe der ersten Dosis zu Arrhythmien. Hierüber wurde bereits in den Jahren 2001 und 2008 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11772147
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18319500

Im Übrigen lässt sich bisher veröffentlichten Fallberichten über Ciprofloxacin-induzierte Herzrhythmusstörungen entnehmen, dass das Geschlechterverhältnis ausgeglichen ist:
http://www.oapublishinglondon.com/article/1372 (m)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15851230 (2x w)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19387967 (w)
http://www.revespcardiol.org/en/a-case- ... /13146861/ (m)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21075583 (m)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16386810 (m)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18319500 (m)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22259166 (w)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21271486 (m)

Folglich können alle Patientengruppen von Herzrhythmusstörungen betroffen sein.
Zudem besteht ein bislang unterschätztes Risiko für Schädigungen des Herzmuskels (s. o.) und der Chordae tendineae, welche wiederum für chronische Herzmuskel- und Herzklappenerkrankungen prädisponieren können. Der hypothetische Antimetabolit 5-Fluortryptophan ist womöglich ein wesentlicher Einflussfaktor (Hemmung der Kollagensynthese von Myofibroblasten, welche offenbar tryptophanabhängig ist: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4461259/; http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1 ... x/abstract), allerdings gibt es hierzu von Herstellerseite keine klärenden Informationen.


Hypoglykämie

Der Hersteller erwähnt, dass eine sorgfältige Überwachung der Blutzuckerwerte während der Ciprofloxacintherapie "bei Diabetikern“ stattfinden sollte.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass alle Fluorchinolone auch bei nicht-diabetischen Patienten Dysglykämien verursachen können. Hierüber wurde bereits in den Jahren 2007 und 2015 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17911203
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4410896/

Zudem erwähnt der Hersteller nicht, dass Fluorchinolon-induzierte Dysglykämien zu schweren zentralnervösen Folgewirkungen mit permanenten neurologischen Defiziten führen können. Hierüber wurde bereits im Jahr 2004 berichtet:
http://cjhp-online.ca/cshp/index.php/cj ... i=scholarr

Darüberhinaus erwähnt der Hersteller nicht, dass lebensbedrohliche Dysglykämien bereits nach einer Einzeldosis auftreten können. Hierüber wurde bereits im Jahr 2010 berichtet:
http://www.amjmed.com/article/S0002-9343(09)00871-7/abstract


Gastrointestinaltrakt

Der Hersteller erwähnt, dass einer wochenlang andauernden Diarrhö eine möglicherweise lebensbedrohliche Antibiotika-assoziierte Kolitis mit tödlichem Ausgang zugrundeliegen kann, welche sofort behandelt werden muss.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass es auch in weniger bedrohlichen Fällen zu erheblichen Veränderungen des Mikrobioms kommen kann, welche auf mutagene Effekte und dauerhafte Störungen der Darmflora zurückgeführt werden, die nicht unter Anwendung anderer Antibiotika wie z. B. Nitrofurantoin beobachtet wurden. Hierüber wurde bereits in den Jahren 2008, 2010 und im April 2015 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2586385/
http://www.nature.com/ja/journal/v64/n1 ... 0137a.html
http://www.sciencedirect.com/science/ar ... 3X14001025


Nieren und ableitende Harnwege

Der Hersteller erwähnt, dass über Fälle mit Kristallurie berichtet wurde und bei Patienten unter Ciprofloxacin eine ausgeprägte Alkalisierung des Urins vermieden werden sollte. Folglich empfiehlt der Hersteller im Absatz 4.9 Überdosierung (S. 7) "gegebenenfalls Azidifizierung, um eine Kristallurie zu vermeiden.“

Der Hersteller erwähnt nicht, dass eine Ciprofloxacin-induzierte Kristallurie und Bildung von Nierensteinen auch bei saurem Urin auftreten kann. Hierüber wurde bereits im Jahr 2000 berichtet:
http://www.jurology.com/article/S0022-5347(05)67379-X/abstract

Zudem erwähnt der Hersteller nicht, dass die Nierenfunktion unter Ciprofloxacin "schon nach wenigen Tagen“ versagen kann. Hierüber wurde bereits im Jahr 1995 berichtet:
https://www.arznei-telegramm.de/html/19 ... 20_01.html

Darüberhinaus erwähnt der Hersteller nicht, dass es unter Ciprofloxacin auch zu irreversiblem Nierenversagen kommen kann. Hierüber wurde bereits im Jahr 2003 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12911170


Leber und Gallenwege

Der Hersteller erwähnt, dass über Ciprofloxacin-assoziierte Fälle von Lebernekrose und lebensbedrohlichem Leberversagen berichtet wurde und ein Abbruch der Behandlung beim Auftreten bestimmender Symptome ratsam ist.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass lebensbedrohliches Leberversagen bereits nach einer Einzeldosis auftreten kann. Hierüber wurde bereits im Jahr 2001 berichtet:
https://link.springer.com/article/10.1007/s100960100513 → DOI:10.1007/s100960100513

Zudem erwähnt der Hersteller nicht, dass es auch erst nach abgeschlossener Ciprofloxacintherapie zu tödlichem Leberversagen kommen kann. Hierüber wurde im Jahr 2016 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5036381/

Darüberhinaus erwähnt der Hersteller nicht, dass Ciprofloxacin trotz eines Einnahmeabbruchs tödliches Leberversagen verursachen kann. Hierüber wurde bereits im Jahr 1994 berichtet:
http://www.thelancet.com/journals/lance ... 40-6736(94)91624-1/abstract → DOI: 10.1016/S01406736(94)91624-1


Cytochrom P450 (s. a. 4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, S. 5 f.; 5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften: Biotransformation, S. 9)

Der Hersteller erwähnt, dass Ciprofloxacin das Enzym Cytochrom P450 1A2 (CYP 1A2) inhibiert und aufgrund dieser Hemmwirkung Interaktionen mit zahlreichen Arzneimitteln verursachen kann, die ebenfalls über CYP 1A2 verstoffwechselt werden.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass Ciprofloxacin auch das Enzym CYP 3A4 inhibiert, welches als wichtigstes aller Isoenzyme der CYP-Familie gilt und die Hälfte aller gängigen Arzneimittel metabolisiert. Hierüber wurde bereits in den Jahren 2004 und 2011 und schließlich auch in einer deutschsprachigen Fachpublikation aus dem Jahr 2016 berichtet:
https://www.researchgate.net/publicatio ... _your_CYPs
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21190921
https://www.aerzteblatt.de/pdf/113/21/p ... %3A40%3A08

Bekanntlich beeinträchtigt eine Hemmung von CYP 3A4 die Aktivität der PGP-Pumpe, welche zytotoxische Substanzen aus der Zelle schleust.


Nachfolgende Anmerkungen beziehen sich auf den Abschnitt 4. KLINISCHE ANGABEN – 4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen (S. 4 – 7).

Vitamin-K-Antagonisten

Der Hersteller erwähnt, dass Ciprofloxacin bei Patienten, die mit Vitamin K-Antagonisten behandelt werden, zu einem Anstieg des INR-Wertes beiträgt.

Der Hersteller erwähnt nicht, dass Ciprofloxacin auch ohne eine Exposition behandelter Patienten gegenüber Vitamin K-Antagonisten transfusionspflichtige oder tödlich verlaufende Blutungen mit signifikant erhöhten INR-Spiegeln verursachen kann. Hierüber wurde bereits in den Jahren 2003, 2004 und 2007 berichtet:
https://link.springer.com/article/10.10 ... 003-1268-7 → DOI:10.1007/s00063-003-1268-7
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15070128 → DOI: 10.3171/jns.2004.100.4.0710
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17045852 → DOI: 10.1016/j.jcf.2006.08.002


Nachfolgende Anmerkungen beziehen sich auf den Abschnitt 4. KLINISCHE ANGABEN – 4.6 Schwangerschaft und Stillzeit: Schwangerschaft (S. 7).

Der Hersteller behauptet: "Die verfügbaren Daten zur Anwendung von Ciprofloxacin bei schwangeren Frauen zeigen keine Hinweise auf Fehlbildungen oder fötale/neonatale Toxizität durch Ciprofloxacin.“

Das ist falsch. Der Hersteller verfügte schon im Jahr 1996 über Daten, die belegen, dass es in einer Kohorte von 116 gegenüber Ciprofloxacin exponierten Schwangeren zu 15 klärungsbedürftigen Schwangerschaftsabbrüchen, 10 Fällen von intrauterinem Fruchttod und 6 Geburten mit skelettalen oder urogenitalen Fehlbildungen kam; ferner verfügte der Hersteller anno 1996 über Daten, die belegen, dass es in 7 retrospektiv untersuchten Fällen zu schweren, primär skelettalen Fehlbildungen kam, einschließlich Ektrodaktylie, Femur-Fibula-Ulna-Syndrom und Rubinstein-Taybi-Syndrom:
http://www.sciencedirect.com/science/ar ... 1595025243 → DOI: 10.1016/0301-2115(95)02524-3

In einer multizentrischen prospektiven kontrollierten Studie aus dem Jahr 1998 wurde festgestellt, dass Frauen nach pränataler Exposition gegenüber Nor, Cipro- oder Ofloxacin im Unterschied zu nichtexponierten Frauen eine tendenziell erhöhte Rate an therapeutischen Schwangerschaftsabbrüchen aufwiesen, was zu erniedrigten Lebendgeburtenraten führte:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC105599/

In einer Fallserie aus dem Jahr 2003 wurde festgestellt, dass es bei 3 von 4 mit Ciprofloxacin behandelten Schwangeren zu Totgeburten kam (die vierte exponierte Patientin brachte ein untergewichtiges Baby zur Welt):
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15307429 → DOI: 10.1016/S0035-9203(03)80032-9)

Kürzlich wurde ein Fall von Fetaltod nach intravenöser Verabreichung einer Einzeldosis Ciprofloxacin beschrieben:
https://www.innovativepublication.com/a ... s/IJPP_3(4)_225-226.pdf

Die oben genannten Beobachtungen sind kompatibel mit experimentellen Daten zur Evaluation teratogener Wirkungen von Ciprofloxacin auf die Albinoratte. Besagte Daten stammen aus dem Jahr 2010. Die Autoren kamen zu folgendem Urteil: "Ciprofloxacin wirkte embryo-/fetotoxisch und verursachte in allen untersuchten Dosierungen [niedrigste untersuchte Dosis (15 mg/kg/T) = Standardtagesdosis (2x500 mg)] Fehlgeburten, geringe Wurfzahlen, Wachstumsverzögerungen beim Nachwuchs, Totgeburten und Fötusresorptionen.":
http://jms.org.br/PDF/v27n1a05.pdf


Nachfolgend behauptet der Hersteller: "Tierstudien zeigten keine direkte oder indirekte schädigende Wirkung in Hinsicht auf Reproduktionstoxizität.“

Das ist falsch. In einer Dissertation aus dem Jahr 2011 heißt es: „Chinolone können die Fertilität beeinflussen. Es kann zu einer Abnahme der Spermienzahl und Veränderung der Spermienmorphologie kommen.“:
http://www.diss.fuberlin.de/diss/servle ... _Foest.pdf

Die ausgeprägte Gonadotoxizität von Ciprofloxacin wurde seit der Jahrtausendwende in zahlreichen Tierstudien bestätigt. Deren Autoren beobachteten bei exponierten Tieren signifikante Beeinträchtigungen der Funktion und Struktur des Rattenhodens und eine verminderte Fruchtbarkeitsrate. Sie wiesen in diesem Kontext auf das potentielle Risiko einer verzögerten Embryonalentwicklung hin:
http://www.bioline.org.br/pdf?rm08012
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17430273
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10623489
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3850316/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23420823
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4312808/
https://www.researchgate.net/publicatio ... lbino_Rats

Zuletzt empfiehlt der Hersteller: "Als Vorsichtsmaßnahme sollte die Anwendung von Ciprofloxacin während der Schwangerschaft vermieden werden.“

Dieser Empfehlung schließen sich MitarbeiterInnen des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums (PVZ) Embryonaltoxikologie, welches über das industrienahe BfArM finanziert wird, nicht an. Sie kommen in einer auf Dissertationsergebnissen beruhenden Beobachtungsstudie aus dem Jahr 2014 zu folgender Einschätzung: "Die vorliegenden Ergebnisse sprechen gegen ein nennenswertes embryotoxisches oder teratogenes Risiko durch eine Fluorchinolon-Exposition in der Frühschwangerschaft. Sie unterstützen die bisherigen Empfehlungen zur Schwangerschaft, nach denen Fluorchinolone in ausgewählten Fällen bakterieller Resistenz oder Unverträglichkeit von Antibiotika der ersten Wahl verordnet werden dürfen.“:
http://www.diss.fu-berlin.de/diss/recei ... 0000096459
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4136025/

Die o. g. Studie weist erhebliche Defizite auf (siehe 3.1 Größe der Kohorten, S. 26: „In 499 Fällen wurde kein Follow-Up initiiert... 153 initiierte Follow-Ups wurden als verloren gewertet...“; 4.4 Diskussion der Methodik, S. 61 ff.). Sie beruht zudem ausschließlich auf archivierten Beobachtungsdaten des PVZ Embryonaltoxikologie.

Prof. Dr. med. Christof Schaefer, einer der Mitautoren der o. g. Studie und ärztlicher Leiter des PVZ Embryonaltoxikologie, hatte bereits in einer nicht-kontrollierten Studie aus dem Jahr 1996 zur Evaluation von Herstellerdaten und Daten des European Network of Teratology Information Services (ENTIS) bezüglich potentielller Schwangerschaftsrisiken unter Fluorchinolonanwendung alarmierende Ergebnisse entkräftet, indem er auf die Heterogenität gemeldeter Fehlbildungen nach pränataler Fluorchinolonexposition verwies. Tatsächlich ist aber ein bestimmtes Muster an Anomalien erkennbar: Von den insgesamt 56 dokumentierten Fällen mit Fehlbildungen entfallen 17 (30%) auf skelettale, 15 (27%) auf urogenitale und 10 (18%) auf kardiale Defekte:
http://www.sciencedirect.com/science/ar ... 1595025243 → DOI: 10.1016/0301-2115(95)02524-3

In bezug auf die heterogene Verteilung der restlichen Fälle von Fehlbildungen muss betont werden, dass Ciprofloxacin schon im Niedrigdosisbereich signifikante klastogene Effekte verursachen kann (6 mg/kg = 420 mg bei einer 70 Kg schweren Person: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7678175 → DOI: 10.1016/0165-7992(93)90029-U) und schon im subinhibitorischen Bereich mutagen wirkt, weshalb Autoren von einer "Vielzahl unerwünschter Wirkungen“ ausgehen:
http://www.nature.com/ja/journal/v64/n1 ... 0137a.html

Zudem fällt auf, dass in der untersuchten ENTIS-Kohorte mit 549 Schwangeren, die im 1. Trimester gegenüber Fluorchinolonen exponiert waren, lediglich 356 normale und termingerechte Geburten erfasst wurden; neben Frühgeburten und nicht näher beschriebenen "postnatalen Störungen“ kam es in 75 Fällen aus klärungsbedürftigen Gründen zum Schwangerschaftsabbruch, in vier Fällen von Fehlbildungen zum therapeutischen Schwangerschaftsabbruch und in 56 Fällen (10%) primär während der ersten 20 Schwangerschaftswochen zum Fetaltod:
http://www.sciencedirect.com/science/ar ... 1595025243 → DOI: 10.1016/0301-2115(95)02524-3

Zum Vergleich sei auf eine große dänische Kohortenstudie zur Relation zwischen sozioökonomischem Status und dem Risiko eines Fetaltodes verwiesen, in welcher unter 89.829 Schwangerschaften während der ersten 22 Schwangerschaftswochen insgesamt 4062 (4.5%) Fälle von Fetaltod erfasst wurden (http://bmjopen.bmj.com/content/bmjopen/ ... 7.full.pdf).

Dessen ungeachtet behauptet Herr Schaefer auch in einem 2015 veröffentlichten Beitrag, bei Fluorchinolonen wären "bisher keine gravierenden embryo- oder fetotoxischen Effekte bestätigt“ worden und Fluorchinolonen würde "gelegentlich mit Verweis auf tierexperimentelle Ergebnisse eine teratogene Wirkung unterstellt“:
https://www.researchgate.net/publicatio ... pfehlungen → DOI: 10.1055/s-0033-1358096

Angesichts kontinuierlicher Entwarnungen des PVZ Embryonaltoxikologie besteht die Gefahr, dass die (ohnehin unverbindliche) Empfehlung des Herstellers, Ciprofloxacin während der Schwangerschaft zu vermeiden, in der klinischen Praxis kaum wahrgenommen wird.


Anmerkungen zu symptomspezifischen Omissionen und Häufigkeitsangaben des Herstellers.

1) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko eines Ciprofloxacin-induzierten plötzlichen Herztods. Diesbezüglich wurde in einer populationsbasierten Studie aus dem Jahr 2014 ein statistisch signifikantes Risiko in der ersten Anwendungswoche festgestellt:
http://www.bmj.com/content/349/bmj.g6196


2) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko Ciprofloxacin-induzierter, potentiell lebensbedrohlicher Aortenläsionen. Diesbezüglich wurde in zwei im November 2015 veröffentlichten Kohortenstudien ein statistisch signifikantes Risiko festgestellt, welches in einer nachfolgenden Metaanalyse bestätigt werden konnte.
http://bmjopen.bmj.com/content/5/11/e010077.full
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26436523
https://www.researchgate.net/publicatio ... al_Studies


3) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko einer Ciprofloxacin-induzierten, potentiell lebensbedrohlichen Rhabdomyolyse. Autoren des Arznei-Telegramms hatten bereits im Mai 2013 über mehrere Fälle von Rhabdomyolyse unter Ciprofloxacin und diesbezügliche Omissionen in der Fachinformation berichtet:
http://www.arznei-telegramm.de/html/201 ... 46_02.html


4) Die Fachinformation verweist auf das potentielle Risiko einer Ciprofloxacin-induzierten Thrombozytopenie, sie enthält jedoch keinen Hinweis auf tödlich verlaufende Thrombozytopenien nach kurzfristiger Ciprofloxacintherapie. Hierüber wurde bereits in den Jahren 2002 und 2007 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12451346
http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1 ... 0801993040


5) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko eines Ciprofloxacin-induzierten dauerhaft invalidisierenden multisymptomatischen Syndroms. Hierüber wurde bereits im Jahr 2001 berichtet. Seit September 2015 liegt eine Fallserie vor:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11793615
http://www.saferpills.org/wp-content/up ... eports.pdf


6) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko einer Ciprofloxacin-induzierten Netzhautablösung mit dauerhaftem Sehverlust. Seit 2013, 2014 und 2016 liegen große Kohortenstudien vor, deren Autoren ein signifikant erhöhtes Anwendungsrisiko feststellen konnten; der hierin postulierte Pathomechanismus einer Fluorchinolon-assoziierten Netzhautablösung wird von Ophthalmologen akzeptiert:
http://jamanetwork.com/journals/jama/fu ... le/1148331
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4183446/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24170197
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26967005

In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass in der Fachinformation weder auf das Risiko einer Ciprofloxacin-induzierten Uveitis noch auf das Risiko einer Ciprofloxacin-induzierten Optikusneuritis hingewiesen wird, obwohl in einer vergleichenden Sicherheitsstudie vom Januar 2015 ein erhöhtes Uveitis-Risiko für Erstanwender festgestellt und in den Jahren 1993 und 2007 über Fälle von Ciprofloxacin-assoziierter Optikusneuritis berichtet wurde:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25275293
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17300586
https://www.arznei-telegramm.de/html/19 ... 34_03.html


7) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko einer Ciprofloxacin-induzierten fixen Arzneimittelreaktion. Seit 2008 ist bekannt, dass diese nach Einnahme einer Einzeldosis auftreten kann:
https://tspace.library.utoronto.ca/bits ... v08224.pdf

Seit Juni 2015 liegt eine Fallserie vor:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4408714/

Aktuell werden Fluorchinolone als Auslöser einer fixen Arzneimittelreaktion „in einer bedenklichen Anzahl von Fällen“ angeschuldigt:
http://www.ijdvl.com/article.asp?issn=0 ... last=Gupta


8) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko eines Ciprofloxacin-induzierten Guillain-Barré-Syndroms. Eine im Januar 2014 veröffentlichte Pharmakovigilanz-Analyse verweist auf 24 in der Datenbank der FDA registrierte Fälle von Ciprofloxacin-induziertem Guillain-Barré-Syndrom:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24472364 → DOI: 10.1016/j.annepidem.2013.12.009


9) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko eines Ciprofloxacin-induzierten von Willebrand-Syndroms. Hierüber wurde bereits in den Jahren 1994 und 2004 berichtet:
http://www.thelancet.com/journals/lance ... 40-6736(94)92748-0/abstract → DOI: 10.1016/S01406736(94)92748-0
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15070128


10) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko eines Ciprofloxacin-induzierten dauerhaften Hörverlusts. Diesbezüglich liegt seit 2013 eine Meldung des kanadischen Gesundheitsministeriums vor:
http://www.hc-sc.gc.ca/dhp-mps/medeff/b ... n1-eng.php


11) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko eines Ciprofloxacin-induzierten systemischen Lupus erythematodes. Hierüber wurde bereits im Jahr 2013 berichtet:
http://www.ejmanager.com/mnstemps/36/36 ... 1411548312


12) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko eines Ciprofloxacin-induzierten Pyoderma gangraenosum. Hierüber wurde bereits im Jahr 2011 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3481820/


13) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko einer Ciprofloxacin-induzierten Stomatitis. Entsprechende Meldungen wurden bereits im Jahr 2011 vom niederländischen Pharmakovigilanz-Zentrum Lareb erfasst. Dessen Mitarbeiter hatten aufgrund eines beobachteten Klasseneffekts empfohlen, Stomatitis als mögliche UAW in den Fachinformationen aller Fluorchinolone zu listen:
http://databankws.lareb.nl/Downloads/kw ... _fluor.pdf


14) Die Fachinformation enthält keinen Hinweis auf das Risiko einer Ciprofloxacin-induzierten Ösophagitis mit Geschwürbildung, Hierüber wurde bereits im Jahr 2004 berichtet:
http://www.govaresh.org/index.php/dd/ar ... d/951/1145


15) Bezüglich der Ciprofloxacin-induzierten Manie herrscht eine klärungsbedürftige Diskrepanz zwischen der Häufigkeitsangabe des Herstellers („nicht bekannt“) und Hinweisen aus einer im Jahr 2002 veröffentlichten Auswertung von FDA-Daten (Claritrhomycin und Ciprofloxacin waren unter allen Antibiotika am häufigsten mit Manie assoziiert) sowie einer im Jahr 2011 veröffentlichten Übersichtsstudie zu neuropsychiatrischen Wirkungen der Chinolone (Ciprofloxacin war unter allen Fluorchinolonen am häufigsten mit Manie assoziiert, welche zugleich die am häufigsten erfasste psychiatrische Nebenwirkung darstellte):
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11799346
https://www.researchgate.net/publicatio ... _Reactions


16) Bezüglich der Ciprofloxacin-induzierten Pankreatitis herrscht eine klärungsbedürftige Diskrepanz zwischen der Häufigkeitsangabe des Herstellers (< 1/10.000) und der in einer Kohortenstudie beobachteten Häufigkeit (7/227). Die Autoren dieser im Jahr 2014 veröffentlichten Studie führen diese Diskrepanz auf eine mangelhafte Routineüberwachung der Serumwerte bei Patienten unter Ciprofloxacintherapie zurück:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4026643/


17) Bezüglich der Ciprofloxacin-induzierten toxischen epidermalen Nekrolyse erwähnt der Hersteller lediglich, dass diese „potenziell lebensbedrohlich“ sei. Der Hersteller erwähnt nicht, dass es unter Ciprofloxacin zu tödlichen Fällen von toxischer epidermaler Nekrolyse gekommen ist. Hierüber wurde bereits in den Jahren 1997, 2002 und 2004 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9310730
https://www.researchgate.net/publicatio ... literature
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15115708

Zudem erwähnt der Hersteller nicht, dass es im Rahmen einer Ciprofloxacin-induzierten toxischen epidermalen Nekrolyse zu einer ebenfalls tödlich verlaufenden Septikämie ohne Erregerbeteiligung kommen kann. Hierüber wurde bereits im Jahr 2014 berichtet:
https://www.researchgate.net/publicatio ... necrolysis

Laut einer prospektiven vergleichenden Kohortenstudie erlitten 3 von 41 mit Ciprofloxacin behandelten Pneumoniepatienten einen septischen Schock, wohingegen bei 34 mit Imipenem behandelten Patienten kein Fall von Sepsis beobachtet wurde. Offenbar war der septische Schock nicht erreger- sondern wirkstoffbedingt („A total of 10 adverse events were reported in 75 patients (13%) during the study period which were rated to have a possible relationship with the study drug... The adverse events reported in the ciprofloxacin group were septic shock (n = 3)...“):
http://thorax.bmj.com/content/55/12/1033.full


18) Bezüglich der Ciprofloxacin-induzierten Vaskulitis erwähnt der Hersteller nicht, dass diese bei einer Fortsetzung der Behandlung tödlich verlaufen kann. Entsprechende Warnungen wurden in den Jahren 2009, 2012 und 2016 veröffentlicht:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19669086
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3892663/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5208583/

Zudem erwähnt der Hersteller nicht, dass es im Rahmen einer Ciprofloxacin-induzierten Vaskulitis zu einer amputationspflichtigen Gangrän kommen und dieser Vorgang mit einem infektiösen Prozess verwechselt werden kann. Hierüber wurde bereits im Jahr 2010 berichtet:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19892516

Darüberhinaus erwähnt der Hersteller nicht, dass Vaskulitiden nach Einnahme einer Einzeldosis auftreten können. Hierüber wurde bereits im Jahr 1997 berichtet:
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1 ... x/abstract → DOI: 10.1111/j.13989995.1997.tb02612.x

Im Übrigen stellt sich anhand mehrerer Fallberichte die Frage, ob die vom Hersteller genannte Häufigkeitsangabe für Ciprofloxacin-induzierte Vaskulitiden („sehr selten“) einer unabhängigen Überprüfung bedarf:
http://www.cjhp-online.ca/index.php/cjh ... le/508/505
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1 ... 607.x/full
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2911319
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7645562
https://academic.oup.com/ndt/article/22 ... aneous-and
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8262601
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7941927
http://journals.lww.com/pidj/Citation/1 ... IC.17.aspx

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