Hallo Zusammen,
ein Behandlungsfehler ist nach der Definition der Rechtsprechung als „grob“ anzusehen, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte
ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objekt-
iver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt des entsprechenden Fachs schlechterdings nicht unterlaufen darf.
Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Arzt
eindeutig gebotene Befunde nicht erhoben hat (BGH, Urt. v. 8.7.2003 – VI ZR 304/02, VersR 2003, 1256, 1257).
auf eindeutige Befunde nicht nach gefestigten und bekannten Regeln der ärztlichen Kunst reagiert oder sonst eindeutig gebotene Maßnahmen zur Bekämpfung möglicher, bekannter Risiken unterlassen hat und besondere Umstände fehlen, welche den Vorwurf
des groben Behandlungsfehlers mildern können (BGH, MDR 1983, 1012; OLG Brandenburg, Urt. v. 14.11.2001 – 1 U 12/01).
sich ohne vorherige Aufklärung des Patienten über Methoden der Schulmedizin hinwegsetzt und eine Außenseitermethode
anwendet (OLG Koblenz, NJW 1996, 1600).
erhobene Befunde nicht oder trotz gegebener Eilbedürftigkeit verzögert ausgewertet werden (OLG Hamburg, Urt. v. 13.8.2004 – 1 U 5/04, OLGR 2004, 543, 545).
ein verabreichtes, nicht zugelassenes Medikament nach Bekanntwerden erheblicher Nebenwirkungen nicht absetzt (BGH, Urt. v. 27.3.2007 – VI ZR 55/05, VersR 2007, 995, 998).
einen „fundamentalen Diagnoseirrtum“ begeht, er also Krankheitserscheinungen in völlig unvertretbarer, der Schulmedizin zuwiderlaufender Weise gedeutet, elementare Kontrollbefunde nicht erhoben oder eine Überprüfung der ersten Verdachtsdiagnose trotz bestehender Veranlassung im weiteren Behandlungsverlauf unterlassen hat (BGH, Urt. v. 8.7.2003 – VI ZR 304/02, VersR 2003, 1256, 1257).
Im Rahmen der Prüfung eines groben Behandlungsfehlers hat eine mögliche Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht
außer Betracht zu bleiben, da selbst der im Sprachgebrauch der Rechtsprechung unbekannte „grobe Aufklärungsfehler“
nicht zu Beweiserleichterungen führt (BGH, NJW 1987, 2291).
Die von einem medizinischen Sachverständigen vorzunehmende Betrachtung, ob ein grober Behandlungsfehler vorliegt, erfordert
nach herrschender Rechtsprechung grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung des Behandlungsgeschehens (BGH, MDR 1998, 655).
Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung kann es dazu kommen, dass das ärztliche Vorgehen bei mehreren „einfachen“ Behand-
lungsfehlern insgesamt als grob fehlerhaft zu bewerten ist. In diesem Fall ist es Sache des Arztes darzulegen und zu beweisen,
dass die festgestellten „einfachen“ Behandlungsfehler einzeln oder aber insgesamt den Primärschaden nicht herbeigeführt haben.
http://sozialrechtler.de/index.php?seite=318Ein interessantes Urteil zu Leitlinien, Richtlinien oder anderweitige ausdrückliche Handlungsanweisungen findet sich unter folgenden Link:
https://www.ra-kotz.de/behandlungsfehle ... regeln.htmGruß
Maximus