Öffentlicher Brief an PRAC, BfArM und EMA zwecks Stellungnahme zur PRAC-Empfehlung
Verfasst: 10.10.2018, 20:36
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir möchten Sie mir diesem öffentlichen Brief, den wir auch für alle Betroffenen in unserem Hilfeforum
( http://www.fluorchinolone-forum.de ) unter dem Link:
posting.php?mode=edit&f=59&p=7647
veröffentlichen werden, um eine öffentliche Stellungnahme ihrerseits bitten.
Das „Wir“ steht für hunderte von betroffenen Patienten, die erkannt und teils eindeutig diagnostiziert bekamen, dass Ihre langfristigen und teils dauerhaften Behinderungen und Einschränkungen auf die Einnahme eines Antibiotikums aus der Wirkstoffgruppe der Fluorchinolone zurückzuführen sind.
Nachdem wir Betroffenen uns in der Vergangenheit mehrfach erfolglos eigenständig an BfArM, Behörden, Institutionen und in Deutschland sogar per Petition an die Politik wandten, stellten wir schnell fest, dass niemals etwas aufgrund unserer internen Nachfragen geschah. Egal wie organisiert, fundiert und faktisch belegbar unsere Argumente hierbei waren, interessierten sich die verantwortlichen Behörden nicht wirklich dafür. Deshalb gingen einige Betroffene zwecks offiziellem Hilferuf und Warnungshinweis offensiv an verschiedene Medien, um so unser skandalöses tägliches Leid öffentlich zu machen. Nur dieser Weg war erfolgreich, denn erst aufgrund des medialen Drucks (u.a. durch den Spiegelartikel 2017 etc.) und den daraus resultierenden kritischen Nachfragen beauftragte das BfArM endlich die Europäische Arzneimittelkommission EMA mit einer Risikobewertung der Fluorchinolone. Endlich stand das BfArM mit dem Rücken zur Wand und musste handeln. Wobei sich aus unserer Sicht die Deutsche Behörde betreffend des Patientenschutzes auch hierbei nicht mit Ruhm bekleckerte und lediglich taktisch klug ein Risikobewertungsverfahren auf Europäischer Ebene durch die EMA beantragte. Somit hatte man die Verantwortung elegant eine Instanz höher gereicht und ist politisch gesehen seiner minimalsten Verantwortung im Patientenschutz nachgekommen. Letztendlich sollen bei der Europäischen Risikoevaluierung der Fluorchinolone, die bereits weltweit bekannten Risiken / Fakten (Stichwort: FQAD / langfristige und dauerhafte intrazelluläre Stoffwechselschäden) nun auch in Europa offiziell bewertet werden und in Handlungsempfehlungen zwecks verbesserten Patientenschutz münden. So kam es zum „Scheinheiligen“ - PRAC-Komitee der EMA und zusätzlich aufgrund gemeinsam international organisierten Drucks vieler Betroffener sogar zu einer europaweiten öffentlichen Anhörung vieler FC-Geschädigter und Experten.
https://www.ema.europa.eu/medicines/hum ... l-products
„Wir“ Betroffenen fühlen uns aufgrund der finalen PRAC-Empfehlung vom 05.10.18 vorgeführt und systematisch belogen. Wir erfahren dabei abermals, wie ein „angeblicher Patientenschutz“ vermutlich aufgrund von Lobbyismus und finanziellem Einfluss, ggf. auch aufgrund behördlicher Unfähigkeit, zu völlig unlogischen und wirkungslosen Empfehlungen führt. Betroffene sowie Patienten stehen sofern es rein bei diesen Empfehlungen bleibt zukünftig weiterhin alleine ohne irgendeine Form der Unterstützung da. Denn ausreichende Einschränkungen und Handlungsempfehlungen sucht man in den Ergebnissen der finalen PRAC-Empfehlung vergebens. Die Kernfrage die uns Geschädigte hier in Europa antreibt ist:
Wie kann das Risiko in der EU so viel stärker unterschätzt werden, als in den USA, wo mittels kontinuierlich durchgeführter FDA-Analysen ständig neue dramatische Erkenntnisse, Einschränkungen und Herstellerauflagen bei Fluorchinolonen zustande kommen? Ist ein derartiges Risiko, nicht weltweit als gleich anzusehen?
Die finale PRAC-Empfehlung möchten wir daher mit Ihrer Hilfe hier öffentlich und kritisch hinterfragen. Wir bitten Sie daher um öffentliche Stellungnahme zu unseren aufgeführten Fragen und Kritikpunkten bezüglich Ihrer PRAC-Empfehlung. Diese werden wir anschließend hier zur Information aller Betroffenen veröffentlichen. Wir sind gespannt und hoffen, Sie können und wollen uns zum Wohle aller unterstützen und sich diesbezüglich aufklärend äußern.
Wir Geschädigten verstehen nicht, wieso die PRAC-Empfehlung nahezu rein bei den bisherig bereits bestehenden Leitlinienvorschlägen bleibt und uns diese mit minimalsten Empfehlung als neu errungenen Patientenschutz verkaufen möchte. Haben die dramatischen Berichtserstattungen der öffentlichen Patientenanhörung und dem weltweiten Wissen des Ausmaßes der Gefahr durch Fluorchinolone nicht gereicht um das PRAC-Komitee zu überzeugen? Oder war die EMA-Risikoevaluierung schon im Vorfeld eher als eine reine Show zwischen Politischer Verantwortung und Lobbyinteressen zu sehen?
Offen bleiben für uns Patienten und Geschädigte unter anderem folgende Fragen:
1. Ist das Risiko, welches z.B. in den USA aufgrund faktisch basierter FDA-Analysen in den USA stetig neue Einschränkungen und Herstellerauflagen für Fluorchinolone zustande kommen lässt hier in Europa weniger relevant? Die finalen PRAC-Empfehlungen enthalten keine konsequenten und weitreichende Indikationseinschränkungen, keine Labelwarnung vor dauerhaften und irreversiblen Stoffwechsel-Schäden und auch keine eigenständige Anerkennung des bereits bestehenden Schadensbildes bei uns Betroffenen.
2. Mittlerweile ist eindeutig belegt, dass Fluorchinolone "massive DNA-Schäden" verursachen (https://www.pharmazeutische-zeitung.de/massive-dna-schaeden-durch-ciprofloxacin/). Wie können derart risikoreiche Mittel weiterhin so hemmungslos und unreguliert eingesetzt werden, bei klarer Sachlage und weltweiter Warnung von diversen Forschern und Experten?
3. Wieso wird weiterhin von selten auftretenden NW gesprochen, wenn BfArM und EMA selbst klar ist, dass ihr derzeitigen Meldesysteme überhaupt keine Aussagen zu tatsächlichen Inzidenzen zulassen. In unseren Betroffenen-Netzwerken/Gruppen auch bei Facebook melden sich täglich neue Betroffene mit unglaublichen Berichten an. Es geht genauso und teils noch schlimmer weiter wie zuvor, da viele nun aufgrund der öffentlichen Berichtserstattungen der letzten Jahre schneller und einfacher einen klaren Zusammenhang der Schäden herstellen können. Auch werden aufgrund der Berichterstattungen einige "wenige" Ärzte sensibler. Die FC-Klassiker Ciprofloxacin und Levofloxacin werden jedoch weiterhin gern und oft bei Banalinfekten verschrieben. Das bestätigen die Absatzmengen und offiziellen Recherchen unabhängiger Medien.
Der Fluorchinolon-Experte Charles Bennett spricht bereits von einer "Epidemie" (https://www.aljazeera.com/indepth/featu ... 07632.html).) Sehr viele Betroffene wollen aber auch ihre NW melden und werden noch von unwissenden Ärzten abgewiesen bzw. bekommen falsche Diagnosen oder es gar direkt ausgeredet. Es ist grundsätzlich von einer sehr hohen Dunkelziffer auszugehen.
4. Das Verbot der Chinolone als Erfolg zu verkaufen ist ein Witz! Diese spielen sowieso keine Rolle mehr, da sie durch die Fluorchinolone und deren massenhafte Verschreibung längst abgelöst wurden. Die Historie und Marktrücknahmen sowie vergangenen Indikationseinschränkungen auch der Fluorchinolone zeigen doch eindeutig, welche Gefahr bei diesen Mitteln existiert.
5. Wieso kommt in der EU kein definiertes Krankheitsbild wie FQAD zustande, damit sich zukünftig auch korrekte Therapieoptionen für Betroffene ergeben können? Vermutlich möchte man aus unserer Sicht so keine Rechtsbasis schaffen und keine Angriffsfläche für etwaige Klagen, Verbote ermöglichen. Es gibt daher so gut wie keine Ärzte, die sich damit auseinandersetzen und wirklich helfen möchten. Als Betroffener wird man auch in Zukunft von Allen Verantwortliche im Stich gelassen.
Wir bedanken uns im Vorraus auf Ihre Stellungnahme und Antwortschreiben, welches wir dann offiziell und öffentlich zugänglich für alle Betroffenen hier einstellen werden.
Weitere informative Links und Kritische Beiträge von Betroffenen zur PRAC-Empfehlung, zu der Sie gerne auch Stellung nehmen sollten, finden Sie beispielsweise unter dem Onlineartikel der Pharmazeutischen Zeitung vom 05.10.18
https://www.deutsche-apotheker-zeitung. ... n-infekten
Patrick:
Die Empfehlung der Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA ist aus Sicht vieler Betroffener eine grosse Enttäuschung. Eines der wichtigsten Anliegen seitens der Betroffenen war die Einschränkung des Einsatzes von Fluorchinolonen auf schwerwiegende und lebensbedrohliche Infektionen. Das Medikament soll nur als Sekundär-Antibiotika und nach der Durchführung eines Antibiogramms eingesetzt werden. Das heisst nur dann wenn kein primäres Antibiotika mehr hilft. Die Empfehlung der PRAC – das Antibiotika nicht mehr als Präventivmittel einzusetzen - geht aus Sicht der Betroffenen zu wenig weit. Somit steht die Empfehlung der EMA in keinem Vergleich zu den restriktiven und einschränkenden Warnungen der FDA (USA) und der Swissmedic (Schweiz). Die Erfahrung zeigt allerdings, dass trotz restriktiver Warnungen die Ärzte in der Schweiz und in den USA zu wenig über das tatsächliche Risikoprofil der FC Antibiotika Bescheid wissen.
Eine weitere Enttäuschung ist der unzureichende Hinweis auf einschränkende und langanhaltende Nebenwirkungen. Auf die Gefahr von permanenten und invalidisierenden Schäden - unter welchen viele Betroffene leiden - wird in der Empfehlung der PRAC nicht hingewiesen. Auch werden die Nebenwirkungen und Schäden – anders als in den USA – nicht als eigenes Krankheitsbild anerkannt (Fluoroquinolone Associated Disability - FQAD). Leider wurde von der PRAC zu diesem wichtigen Anliegen seitens der Betroffenen keine Stellung genommen.
Es wird wahrscheinlich noch lange dauern, bis diese Empfehlungen umgesetzt werden. Diese gehen nun an das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) zur Ausarbeitung der neuen Leitlinien. Bis zur praktischen Umsetzung wird es wahrscheinlich noch lange dauern. Deshalb appellieren wir an alle Ärzte, Pharmazeuten und Mediziner, die Risiken von Fluorchinolone ernst zu nehmen und sich darüber zu informieren. Medizinische Studien und Berichte zu den - zugegeben sehr unkonventionellen - Nebenwirkungsmechanismen sind vorhanden und in einschlägigen Plattformen abrufbar.
Maria:
Es ist erschreckend - da kann man wohl nur zustimmen. Es wäre völlig nachvollziehbar, wenn viele Bürger/innen sich nun fragen würden, ob das Ergebnis des gesamten EMA-Risikobewertungsverfahrens zu Fluorchinolonen möglicherweise bereits im Vorfeld feststand (wodurch die öffentliche Anhörung von Patienten und auch kritischen Fachleuten lediglich eine zynische Farce gewesen wäre.)
Sowohl die amerikanische FDA als auch die EMA für Europa stellen explizit klar, dass sie keine Meldungen über jede unerwünschte Arzneimittelwirkung/ UAW eines Produkts erhalten, und dass die Daten der erhaltenen Meldungen daher nicht (!) verwendet werden können, um daraus die Häufigkeit des Auftretens der gemeldeten unerwünschte Arzneimittelwirkungen abzuleiten bzw. die Häufigkeit des Auftretens zu schätzen. Laut Studien (u.a. der FDA selbst) werden den Aufsichtsbehörden lediglich 1% - 3% der Fälle von unerwünschten Arzneimittelwirkungen überhaupt gemeldet.
Nichtsdestotrotz gibt das PRAC in seiner Veröffentlichung an: " In sehr seltenen Fällen leiden Patienten, die mit Fluorchinolon- oder Chinolon-Antibiotika behandelt werden, unter schweren Nebenwirkungen, die zu dauerhaften Einschränkungen führen können."
Von Seiten der Hersteller sind solche Aussagen sicher nicht überraschend - von Seiten der Aufsichtsbehörde sind sie allerdings sehr befremdlich (wohlwollend ausgedrückt).
Spätestens in der Vorbereitungsphase der öffentlichen Anhörung im Juni 2018 sind dem PRAC u.a. auch die Daten der FDA-Veröffentlichung zu "Fluoroquinolone Safety Labeling Changes" vom 04.April 2017 bekannt gewesen. Diese Veröffentlichung beinhaltet u.a. auch eine Erfassung der "Percentage of Disability Reports Among all Serious Outcome Reports with Selected Antibiotics for Treatment of Uncomplicated Sinusitis, Bronchitis and UTI" (siehe Seite 45).
https://www.fda.gov/downloads/AboutFDA/ ... 550259.pdf
Lara:
PRAC bleibt damit damit weit unter dem, was bezüglich Fluorchinolonen im Interesse des Patienten-und Verbraucherschutzes in Europa als Mindest-Warnungen und Reglementierungen hätte umgesetzt werden müssen. Wesentliche Punkte, die im Rahmen der öffentlichen Anhörung auch von med. Experten als dringend erforderlich vorgetragen wurden, hat PRAC in seiner Empfehlung völlig unter den Tisch fallen lassen. Weder wird verlangt, dass bereits in der mediz. Ausbildung auf einen erhöhten Wissensstand bzgl. der potentiellen Risiken von Fluorchinolonen hingearbeitet wird, noch wirkt PRAC auf eine Verbesserung des Patienten-Managements gegenüber bereits geschädigten Bürger/innen hin. Auch die dringend notwendige verstärkte Forschung über die genauen Wirkungs- und Schädigungsprozesse durch Fluorchinolone (auch unter Berücksichtigung genetischer Aspekte) lässt PRAC völlig außen vor. Auch dass die europäische Bevölkerung über den Lebensmittel-Bereich (insb. über Fleisch und Fisch) von der Verwendung von Fluorchinolonen und Chinolonen betroffen -und durch sie gefährdet- ist, wird vom PRAC nicht einmal aufgegriffen. Auch ein eigenständiges Krankheitsbild und einen ICD-Diagnose-Schlüssel für invalisierende Schädigungen durch Fluorchinolone wird es somit in Europa wohl weiterhin nicht geben . In den USA ist dies schon längst geschehen - dort wurde auch die Öffentlichkeit durch eine weitreichende Medien-Kampagne vor den massiven und potentiell irreversiblen Schädigungen gewarnt. In Europa ? Fehlanzeige. PRAC hat hier mit seiner Empfehlung noch nicht einmal ein Minimum an Interesse und Engagement gezeigt, zum Schutz und im Interesse der europäischen Bevölkerung zu agieren. Mit der Behauptung, dass Fluorchinolone nur "in sehr seltenen Fällen" zu schweren Schädigungen und dauerhaften Einschränkungen führen, wird wohlmöglich den Pharma-Herstellern nach dem Munde geredet (man darf wohl nicht vergessen, dass sich die EMA/ PRAC größtenteils aus deren Geldern finanziert). Jedoch sind diese trivialisierende Behauptung und die inhaltlich äußerst schwache "Empfehlung" des PRAC ein zynischer Schlag ins Gesicht der unzähligen Fluorchinolon- Geschädigten, die zu Zehntausenden Selbsthilfe-Gruppen beitreten und -häufig schon seit Jahren- bisher keinerlei Hilfe aus dem medizinischen Bereich erfahren haben. Als Fluorchinolon-Geschädigte(r) bleibt man sich weiterhin völlig selbst überlassen und ohne Unterstützung. Wie viele weitere Menschen müssen denn noch erleben, dass ihre Gesundheit und ihr bisheriges gewohntes Leben durch Fluorchinolone massiv und dauerhaft geschädigt werden ? Im Sinne des Patienten-und Verbraucherschutzes in Europa ist diese PRAC- "Empfehlung" gelinde gesagt ein Armutszeugnis der Aufsichtsbehörde - um nicht zu sagen ein Skandal.
Linksammlung und Quellen:
https://www.deutsche-apotheker-zeitung. ... n-infekten
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ ... ofloxacin/
https://www.europeanpharmaceuticalrevie ... mt-genome/
https://www.ema.europa.eu/en/news/fluor ... ctions-use
https://www.ema.europa.eu/en/committes/prac/members
Wir möchten Sie mir diesem öffentlichen Brief, den wir auch für alle Betroffenen in unserem Hilfeforum
( http://www.fluorchinolone-forum.de ) unter dem Link:
posting.php?mode=edit&f=59&p=7647
veröffentlichen werden, um eine öffentliche Stellungnahme ihrerseits bitten.
Das „Wir“ steht für hunderte von betroffenen Patienten, die erkannt und teils eindeutig diagnostiziert bekamen, dass Ihre langfristigen und teils dauerhaften Behinderungen und Einschränkungen auf die Einnahme eines Antibiotikums aus der Wirkstoffgruppe der Fluorchinolone zurückzuführen sind.
Nachdem wir Betroffenen uns in der Vergangenheit mehrfach erfolglos eigenständig an BfArM, Behörden, Institutionen und in Deutschland sogar per Petition an die Politik wandten, stellten wir schnell fest, dass niemals etwas aufgrund unserer internen Nachfragen geschah. Egal wie organisiert, fundiert und faktisch belegbar unsere Argumente hierbei waren, interessierten sich die verantwortlichen Behörden nicht wirklich dafür. Deshalb gingen einige Betroffene zwecks offiziellem Hilferuf und Warnungshinweis offensiv an verschiedene Medien, um so unser skandalöses tägliches Leid öffentlich zu machen. Nur dieser Weg war erfolgreich, denn erst aufgrund des medialen Drucks (u.a. durch den Spiegelartikel 2017 etc.) und den daraus resultierenden kritischen Nachfragen beauftragte das BfArM endlich die Europäische Arzneimittelkommission EMA mit einer Risikobewertung der Fluorchinolone. Endlich stand das BfArM mit dem Rücken zur Wand und musste handeln. Wobei sich aus unserer Sicht die Deutsche Behörde betreffend des Patientenschutzes auch hierbei nicht mit Ruhm bekleckerte und lediglich taktisch klug ein Risikobewertungsverfahren auf Europäischer Ebene durch die EMA beantragte. Somit hatte man die Verantwortung elegant eine Instanz höher gereicht und ist politisch gesehen seiner minimalsten Verantwortung im Patientenschutz nachgekommen. Letztendlich sollen bei der Europäischen Risikoevaluierung der Fluorchinolone, die bereits weltweit bekannten Risiken / Fakten (Stichwort: FQAD / langfristige und dauerhafte intrazelluläre Stoffwechselschäden) nun auch in Europa offiziell bewertet werden und in Handlungsempfehlungen zwecks verbesserten Patientenschutz münden. So kam es zum „Scheinheiligen“ - PRAC-Komitee der EMA und zusätzlich aufgrund gemeinsam international organisierten Drucks vieler Betroffener sogar zu einer europaweiten öffentlichen Anhörung vieler FC-Geschädigter und Experten.
https://www.ema.europa.eu/medicines/hum ... l-products
„Wir“ Betroffenen fühlen uns aufgrund der finalen PRAC-Empfehlung vom 05.10.18 vorgeführt und systematisch belogen. Wir erfahren dabei abermals, wie ein „angeblicher Patientenschutz“ vermutlich aufgrund von Lobbyismus und finanziellem Einfluss, ggf. auch aufgrund behördlicher Unfähigkeit, zu völlig unlogischen und wirkungslosen Empfehlungen führt. Betroffene sowie Patienten stehen sofern es rein bei diesen Empfehlungen bleibt zukünftig weiterhin alleine ohne irgendeine Form der Unterstützung da. Denn ausreichende Einschränkungen und Handlungsempfehlungen sucht man in den Ergebnissen der finalen PRAC-Empfehlung vergebens. Die Kernfrage die uns Geschädigte hier in Europa antreibt ist:
Wie kann das Risiko in der EU so viel stärker unterschätzt werden, als in den USA, wo mittels kontinuierlich durchgeführter FDA-Analysen ständig neue dramatische Erkenntnisse, Einschränkungen und Herstellerauflagen bei Fluorchinolonen zustande kommen? Ist ein derartiges Risiko, nicht weltweit als gleich anzusehen?
Die finale PRAC-Empfehlung möchten wir daher mit Ihrer Hilfe hier öffentlich und kritisch hinterfragen. Wir bitten Sie daher um öffentliche Stellungnahme zu unseren aufgeführten Fragen und Kritikpunkten bezüglich Ihrer PRAC-Empfehlung. Diese werden wir anschließend hier zur Information aller Betroffenen veröffentlichen. Wir sind gespannt und hoffen, Sie können und wollen uns zum Wohle aller unterstützen und sich diesbezüglich aufklärend äußern.
Wir Geschädigten verstehen nicht, wieso die PRAC-Empfehlung nahezu rein bei den bisherig bereits bestehenden Leitlinienvorschlägen bleibt und uns diese mit minimalsten Empfehlung als neu errungenen Patientenschutz verkaufen möchte. Haben die dramatischen Berichtserstattungen der öffentlichen Patientenanhörung und dem weltweiten Wissen des Ausmaßes der Gefahr durch Fluorchinolone nicht gereicht um das PRAC-Komitee zu überzeugen? Oder war die EMA-Risikoevaluierung schon im Vorfeld eher als eine reine Show zwischen Politischer Verantwortung und Lobbyinteressen zu sehen?
Offen bleiben für uns Patienten und Geschädigte unter anderem folgende Fragen:
1. Ist das Risiko, welches z.B. in den USA aufgrund faktisch basierter FDA-Analysen in den USA stetig neue Einschränkungen und Herstellerauflagen für Fluorchinolone zustande kommen lässt hier in Europa weniger relevant? Die finalen PRAC-Empfehlungen enthalten keine konsequenten und weitreichende Indikationseinschränkungen, keine Labelwarnung vor dauerhaften und irreversiblen Stoffwechsel-Schäden und auch keine eigenständige Anerkennung des bereits bestehenden Schadensbildes bei uns Betroffenen.
2. Mittlerweile ist eindeutig belegt, dass Fluorchinolone "massive DNA-Schäden" verursachen (https://www.pharmazeutische-zeitung.de/massive-dna-schaeden-durch-ciprofloxacin/). Wie können derart risikoreiche Mittel weiterhin so hemmungslos und unreguliert eingesetzt werden, bei klarer Sachlage und weltweiter Warnung von diversen Forschern und Experten?
3. Wieso wird weiterhin von selten auftretenden NW gesprochen, wenn BfArM und EMA selbst klar ist, dass ihr derzeitigen Meldesysteme überhaupt keine Aussagen zu tatsächlichen Inzidenzen zulassen. In unseren Betroffenen-Netzwerken/Gruppen auch bei Facebook melden sich täglich neue Betroffene mit unglaublichen Berichten an. Es geht genauso und teils noch schlimmer weiter wie zuvor, da viele nun aufgrund der öffentlichen Berichtserstattungen der letzten Jahre schneller und einfacher einen klaren Zusammenhang der Schäden herstellen können. Auch werden aufgrund der Berichterstattungen einige "wenige" Ärzte sensibler. Die FC-Klassiker Ciprofloxacin und Levofloxacin werden jedoch weiterhin gern und oft bei Banalinfekten verschrieben. Das bestätigen die Absatzmengen und offiziellen Recherchen unabhängiger Medien.
Der Fluorchinolon-Experte Charles Bennett spricht bereits von einer "Epidemie" (https://www.aljazeera.com/indepth/featu ... 07632.html).) Sehr viele Betroffene wollen aber auch ihre NW melden und werden noch von unwissenden Ärzten abgewiesen bzw. bekommen falsche Diagnosen oder es gar direkt ausgeredet. Es ist grundsätzlich von einer sehr hohen Dunkelziffer auszugehen.
4. Das Verbot der Chinolone als Erfolg zu verkaufen ist ein Witz! Diese spielen sowieso keine Rolle mehr, da sie durch die Fluorchinolone und deren massenhafte Verschreibung längst abgelöst wurden. Die Historie und Marktrücknahmen sowie vergangenen Indikationseinschränkungen auch der Fluorchinolone zeigen doch eindeutig, welche Gefahr bei diesen Mitteln existiert.
5. Wieso kommt in der EU kein definiertes Krankheitsbild wie FQAD zustande, damit sich zukünftig auch korrekte Therapieoptionen für Betroffene ergeben können? Vermutlich möchte man aus unserer Sicht so keine Rechtsbasis schaffen und keine Angriffsfläche für etwaige Klagen, Verbote ermöglichen. Es gibt daher so gut wie keine Ärzte, die sich damit auseinandersetzen und wirklich helfen möchten. Als Betroffener wird man auch in Zukunft von Allen Verantwortliche im Stich gelassen.
Wir bedanken uns im Vorraus auf Ihre Stellungnahme und Antwortschreiben, welches wir dann offiziell und öffentlich zugänglich für alle Betroffenen hier einstellen werden.
Weitere informative Links und Kritische Beiträge von Betroffenen zur PRAC-Empfehlung, zu der Sie gerne auch Stellung nehmen sollten, finden Sie beispielsweise unter dem Onlineartikel der Pharmazeutischen Zeitung vom 05.10.18
https://www.deutsche-apotheker-zeitung. ... n-infekten
Patrick:
Die Empfehlung der Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA ist aus Sicht vieler Betroffener eine grosse Enttäuschung. Eines der wichtigsten Anliegen seitens der Betroffenen war die Einschränkung des Einsatzes von Fluorchinolonen auf schwerwiegende und lebensbedrohliche Infektionen. Das Medikament soll nur als Sekundär-Antibiotika und nach der Durchführung eines Antibiogramms eingesetzt werden. Das heisst nur dann wenn kein primäres Antibiotika mehr hilft. Die Empfehlung der PRAC – das Antibiotika nicht mehr als Präventivmittel einzusetzen - geht aus Sicht der Betroffenen zu wenig weit. Somit steht die Empfehlung der EMA in keinem Vergleich zu den restriktiven und einschränkenden Warnungen der FDA (USA) und der Swissmedic (Schweiz). Die Erfahrung zeigt allerdings, dass trotz restriktiver Warnungen die Ärzte in der Schweiz und in den USA zu wenig über das tatsächliche Risikoprofil der FC Antibiotika Bescheid wissen.
Eine weitere Enttäuschung ist der unzureichende Hinweis auf einschränkende und langanhaltende Nebenwirkungen. Auf die Gefahr von permanenten und invalidisierenden Schäden - unter welchen viele Betroffene leiden - wird in der Empfehlung der PRAC nicht hingewiesen. Auch werden die Nebenwirkungen und Schäden – anders als in den USA – nicht als eigenes Krankheitsbild anerkannt (Fluoroquinolone Associated Disability - FQAD). Leider wurde von der PRAC zu diesem wichtigen Anliegen seitens der Betroffenen keine Stellung genommen.
Es wird wahrscheinlich noch lange dauern, bis diese Empfehlungen umgesetzt werden. Diese gehen nun an das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) zur Ausarbeitung der neuen Leitlinien. Bis zur praktischen Umsetzung wird es wahrscheinlich noch lange dauern. Deshalb appellieren wir an alle Ärzte, Pharmazeuten und Mediziner, die Risiken von Fluorchinolone ernst zu nehmen und sich darüber zu informieren. Medizinische Studien und Berichte zu den - zugegeben sehr unkonventionellen - Nebenwirkungsmechanismen sind vorhanden und in einschlägigen Plattformen abrufbar.
Maria:
Es ist erschreckend - da kann man wohl nur zustimmen. Es wäre völlig nachvollziehbar, wenn viele Bürger/innen sich nun fragen würden, ob das Ergebnis des gesamten EMA-Risikobewertungsverfahrens zu Fluorchinolonen möglicherweise bereits im Vorfeld feststand (wodurch die öffentliche Anhörung von Patienten und auch kritischen Fachleuten lediglich eine zynische Farce gewesen wäre.)
Sowohl die amerikanische FDA als auch die EMA für Europa stellen explizit klar, dass sie keine Meldungen über jede unerwünschte Arzneimittelwirkung/ UAW eines Produkts erhalten, und dass die Daten der erhaltenen Meldungen daher nicht (!) verwendet werden können, um daraus die Häufigkeit des Auftretens der gemeldeten unerwünschte Arzneimittelwirkungen abzuleiten bzw. die Häufigkeit des Auftretens zu schätzen. Laut Studien (u.a. der FDA selbst) werden den Aufsichtsbehörden lediglich 1% - 3% der Fälle von unerwünschten Arzneimittelwirkungen überhaupt gemeldet.
Nichtsdestotrotz gibt das PRAC in seiner Veröffentlichung an: " In sehr seltenen Fällen leiden Patienten, die mit Fluorchinolon- oder Chinolon-Antibiotika behandelt werden, unter schweren Nebenwirkungen, die zu dauerhaften Einschränkungen führen können."
Von Seiten der Hersteller sind solche Aussagen sicher nicht überraschend - von Seiten der Aufsichtsbehörde sind sie allerdings sehr befremdlich (wohlwollend ausgedrückt).
Spätestens in der Vorbereitungsphase der öffentlichen Anhörung im Juni 2018 sind dem PRAC u.a. auch die Daten der FDA-Veröffentlichung zu "Fluoroquinolone Safety Labeling Changes" vom 04.April 2017 bekannt gewesen. Diese Veröffentlichung beinhaltet u.a. auch eine Erfassung der "Percentage of Disability Reports Among all Serious Outcome Reports with Selected Antibiotics for Treatment of Uncomplicated Sinusitis, Bronchitis and UTI" (siehe Seite 45).
https://www.fda.gov/downloads/AboutFDA/ ... 550259.pdf
Lara:
PRAC bleibt damit damit weit unter dem, was bezüglich Fluorchinolonen im Interesse des Patienten-und Verbraucherschutzes in Europa als Mindest-Warnungen und Reglementierungen hätte umgesetzt werden müssen. Wesentliche Punkte, die im Rahmen der öffentlichen Anhörung auch von med. Experten als dringend erforderlich vorgetragen wurden, hat PRAC in seiner Empfehlung völlig unter den Tisch fallen lassen. Weder wird verlangt, dass bereits in der mediz. Ausbildung auf einen erhöhten Wissensstand bzgl. der potentiellen Risiken von Fluorchinolonen hingearbeitet wird, noch wirkt PRAC auf eine Verbesserung des Patienten-Managements gegenüber bereits geschädigten Bürger/innen hin. Auch die dringend notwendige verstärkte Forschung über die genauen Wirkungs- und Schädigungsprozesse durch Fluorchinolone (auch unter Berücksichtigung genetischer Aspekte) lässt PRAC völlig außen vor. Auch dass die europäische Bevölkerung über den Lebensmittel-Bereich (insb. über Fleisch und Fisch) von der Verwendung von Fluorchinolonen und Chinolonen betroffen -und durch sie gefährdet- ist, wird vom PRAC nicht einmal aufgegriffen. Auch ein eigenständiges Krankheitsbild und einen ICD-Diagnose-Schlüssel für invalisierende Schädigungen durch Fluorchinolone wird es somit in Europa wohl weiterhin nicht geben . In den USA ist dies schon längst geschehen - dort wurde auch die Öffentlichkeit durch eine weitreichende Medien-Kampagne vor den massiven und potentiell irreversiblen Schädigungen gewarnt. In Europa ? Fehlanzeige. PRAC hat hier mit seiner Empfehlung noch nicht einmal ein Minimum an Interesse und Engagement gezeigt, zum Schutz und im Interesse der europäischen Bevölkerung zu agieren. Mit der Behauptung, dass Fluorchinolone nur "in sehr seltenen Fällen" zu schweren Schädigungen und dauerhaften Einschränkungen führen, wird wohlmöglich den Pharma-Herstellern nach dem Munde geredet (man darf wohl nicht vergessen, dass sich die EMA/ PRAC größtenteils aus deren Geldern finanziert). Jedoch sind diese trivialisierende Behauptung und die inhaltlich äußerst schwache "Empfehlung" des PRAC ein zynischer Schlag ins Gesicht der unzähligen Fluorchinolon- Geschädigten, die zu Zehntausenden Selbsthilfe-Gruppen beitreten und -häufig schon seit Jahren- bisher keinerlei Hilfe aus dem medizinischen Bereich erfahren haben. Als Fluorchinolon-Geschädigte(r) bleibt man sich weiterhin völlig selbst überlassen und ohne Unterstützung. Wie viele weitere Menschen müssen denn noch erleben, dass ihre Gesundheit und ihr bisheriges gewohntes Leben durch Fluorchinolone massiv und dauerhaft geschädigt werden ? Im Sinne des Patienten-und Verbraucherschutzes in Europa ist diese PRAC- "Empfehlung" gelinde gesagt ein Armutszeugnis der Aufsichtsbehörde - um nicht zu sagen ein Skandal.
Linksammlung und Quellen:
https://www.deutsche-apotheker-zeitung. ... n-infekten
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ ... ofloxacin/
https://www.europeanpharmaceuticalrevie ... mt-genome/
https://www.ema.europa.eu/en/news/fluor ... ctions-use
https://www.ema.europa.eu/en/committes/prac/members